Sabine Grenz forscht im Bereich Gender Studies an der Universität Wien und leitet das Referat Geschlechterforschung.
Von 2017 bis 2020 hatte sie die befristete Professur für Gender Studies der Fakultäten für Philosophie und Bildungswissenschaft sowie für Sozialwissenschaften und der Philologisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät inne. Zuvor war sie Vertretungsprofessorin für Diversitätsforschung an der Universität Göttingen (2015–2017).
Seit 2020 ist Sabine Grenz Ass.-Professorin für Gender Studies der beiden Fakultäten für Philosophie und Bildungswissenschaft sowie für Sozialwissenschaften. Sie ist außerdem Privatdozentin für Gender Studies an der Humboldt-Universität zu Berlin.
Im Oktober 2020 hat Sabine Grenz auch die Funktion der (Vize-)Studienprogrammleitung Gender Studies und die Leitung des Referats Genderforschung übernommen.
Anlässlich der Verleihung des Käthe-Leichter-Staatspreises hielt Sabine Grenz die folgende
Dankesrede
Gut, dass es den Käthe Leichter-Staatspreis gibt! Und es ist sehr berührend, dass er mir verliehen wird. Der Preis ist wirklich eine große Ehre. Vielen Dank dafür!
So einen Preis bekommt man nicht alleine. Viele Weggefährt*innen haben dazu beigetragen. Ich kann sie leider nicht einzeln nennen. Ich hoffe, dass sie sich dennoch angesprochen fühlen. Da wären einmal meine Kolleg*innen und Mitarbeiter*innen an der Uni Wien und in Österreich, die in den vergangenen 6 Jahren mit mir gemeinsam in der Gender-Forschung und an der Institutionalisierung der Gender Studies gearbeitet haben.
Bevor ich als Professorin 2017 nach Wien gekommen bin, waren unterschiedliche europäische Universitäten zeitweilig mein wissenschaftliches Zuhause. An allen habe ich Unterstützung für mein Engagement erfahren. So hatte ich unter anderem Gelegenheit, mich im internationalen Netzwerk ATHENA für die europäische Frauen -und Geschlechterforschung zu engagieren, mich im Vorstand der Fachgesellschaft Geschlechterstudien zu betätigen, bei der Gründung und Etablierung des Open Gender Journals dabei zu sein, mehrere große Fachkonferenzen mit zu organisieren, selber internationale und interdisziplinäre Forschungsnetzwerke mit zu gründen, und – nicht zu vergessen: zu promovieren und zu habilitieren, Forschungsprojekte durchzuführen und Zeit zu haben, die Ergebnisse alleine oder gemeinsam mit anderen zu publizieren. Vielen Dank an alle, die daran beteiligt waren!
In meinem Werdegang finden sich Formen der Institutionalisierung, die die Gender Studies als Fach ausmachen: Studiengänge, Netzwerke, Konferenzen, Journals … Obwohl es all diese Strukturen gibt, sind die Gender Studies nach wie vor nicht vollständig institutionalisiert. Zu diesem Ergebnis ist heuer auch der deutsche Wissenschaftsrat gekommen: Die Kolleg*innen leisten sehr gute und wichtige Forschung, die Strukturen aber lassen zu wünschen übrig. Sie empfehlen daher eine stärkere institutionelle Verankerung. Das Ergebnis in Österreich wäre sehr ähnlich. Auch hier gibt es noch viel zu tun. Mein Engagement endet daher nicht mit diesem Preis.
Es ist leider auch so, dass das Fach immer wieder angegriffen wird. Extrem rechte Ideologen wollen die kritische Hinterfragung gesellschaftlicher Geschlechterordnungen und -dynamiken nicht zulassen und die gesamte – disziplinäre und interdisziplinäre – Forschung dazu abschaffen. Der Preis bedeutet daher, dass es der Regierung wichtig ist, dass es Forschung gibt, die wichtige Grundlagen zur Gleichberechtigung liefert, und zwar nicht nur der Gleichberechtigung von Frauen und Männern, sondern auch Gleichberechtigung im Hinblick auf andere Diskriminierungsachsen.
Keine Person wäre besser geeignet, Namensgeberin dafür zu sein, als Käthe Leichter. Käthe Leichter war die erste österreichische Sozialwissenschaftlerin, die sich auf die Frauen- und Geschlechterforschung fokussierte. Ihre Forschung zu Arbeiterfrauen und deren Arbeitsbedingungen in Österreich, die sie von 1925 bis 1934 für die Arbeiterkammer durchführte, war bahnbrechend. Daher steht dieser Preis nicht nur für sie als Frau, sondern für sie als eine Wissenschaftlerin, die versuchte, Forschung mit politischen und damit auch ethischen Prinzipien zu verbinden. Eine Haltung, die angesichts der vielen zu lösenden Krisen sehr aktuell ist. Sie steht damit für eine höchst innovative Forschung.
Doch ihre Lebenssituation war prekär. Als Jüdin wurde sie Opfer nationalsozialistischer Verfolgung. Und auch in diesem Sinne bedeutet der Preis heute viel. Angesichts des zunehmen- den Antisemitismus und Rassismus ist es von herausragender Bedeutung zu erinnern, und zwar nicht ausschließlich an die Gewalt, an die extrem repressive Gesellschaft und den mordenden Staat, sondern auch an den Mut und die Lebensleistungen derer, die dem entgegentraten und dennoch zu ihren Opfern wurden.
In diesem Sinne wünsche ich mir, dass der Käthe-Leichter-Staatspreis noch sehr oft vergeben wird. Vielen Dank für die Ehre, Preisträgerin zu sein, und auch dafür, hier sprechen zu dürfen!