Community, Work and Family in Diverse Contexts and Changing Times in Valletta, Malta (Mai 2019)

Gerlinde Mauerer hatte die Gelegenheit, mittels einer Förderung des Referats Genderforschung der Universität Wien ihre empirischen Untersuchungen zu Väterkarenzen in Österreich auf der 8. Internationalen Konferenz zu "Gemeinschaft, Arbeit und Familie in Diversen Kontexten und sich wandelnden Zeiten" zu präsentieren. Gerlinde Mauerer ist bereits promoviert und studiert im Master Gender Studies und im Bachelor Bildungswissenschaften an der Universität Wien.

Die Konferenz fand von 23. bis 25. Mai 2019 an der Universität von Malta im Alten Universitätsgebäude in Valletta statt. Auf der Webseite der in Fachkreisen renommierten Zeitschrift Community, Work and Family war ich zum Call for Papers zur Konferenz gelangt. Diese Zeitschrift enthält Fachartikel, die für meine Forschung sehr interessant sind. Die Einreichung des Abstracts für die Konferenz fand in Kooperation mit Eva-Maria Schmidt vom Institut für Familienforschung an der Universität Wien statt. Wir pflegen schon seit längerem inhaltlichen Austausch zu unseren empirischen Ergebnissen zu Väterkarenzen in Österreich und führen lebendige Diskussionen zu unterschiedlichen Methoden und theoretischen Forschungsansätzen.

Strukturelle Hürden am Weg zur geschlechtergerechten Elternkarenz 

Unser Vortrag fand im Panel „The Gendered Division of Labour, Housework and Time. Employee Experiences“ statt. In diesem Panel präsentierten wir gemeinsam mit ForscherInnen aus Schweden, den Niederlanden, und Finnland unsere Arbeiten zur Verwirklichung von Geschlechtergerechtigkeit in Vereinbarungen von Familie und Beruf und diskutierten mit KollegInnen aus weiteren Ländern. Gleichwohl es hier einige (inter)nationale Reglungen sowie gender- und familienpolitische Ansätze gibt, wurden vor den jeweiligen nationalen Hintergründen bestehende Gender-Ungleichheiten festgestellt und ihre Ursachen analysiert. Unser Beitrag lautete „Constructions of parental responsibilities at parents’ workplaces and their relation to gender inequalities”. Der Beitrag basiert auf der Erkenntnis, dass sich Elternteile in Österreich auf individueller Ebene in wachsendem Maße Familienarbeit, Kinderbetreuung und Erwerbsarbeit teilen, sprich ihre Berufstätigkeit in gleichem Ausmaß bewerkstelligen und vorantreiben wollen, in der Umsetzung jedoch nach wie vor auf Hürden stoßen. Besondere Hausforderungen sind hierbei oft am Arbeitsplatz angesiedelt, teils auch im sozialen Umfeld sowie in tradierten Rollenerwartungen an sogenannte gute Mütterlichkeit und Väterlichkeit.

Zahlreiche Rückmeldungen nach dem Vortrag und weitere Pausengespräche ließen erkennen, dass unser Beitrag auf großes Interesse beim internationalen Publikum traf. Ein Konferenzbesucher aus den Niederlanden fragte nach der Rolle der Gewerkschaften in Bezug auf die Quotensteigerung der väterlichen Inanspruchnahme von Elternkarenzen und Elternteilzeit, sowohl in Österreich als auch auf internationaler Ebene. Der Beantwortung dieser Frage werde ich in der nationalen Forschung und  Diskussion weiter nachgehen, da die Forschungsergebnisse zeigen, dass es einer Stärkung struktureller Rahmenbedingungen bedarf, um Väter und insbesondere auch Arbeitgeber zur Verwirklichung von Maßnahmen zu motivieren, welche die Verwirklichung von Geschlechtergerechtigkeit in der Aufteilung von Familienarbeit und Beruf befördern.

Something New from The South: Textilindustrie in Kapstadt

Besonders beeindruckend und einen postkolonialen Ansatz in die Familienforschung verdeutlichend war der Keynote-Vortrag von Dr. Ameeta Jaga von der University of Cape Town (Kapstadt), Südafrika. Der Titel ihres Vortrags lautete “Something New from the South: Work, Family and Community in South Africa”. Ameeta Jaga konnte für ihr Forschungsprojekt die Gewerkschaft der Textilindustrie und die Universität Middlesex in Großbritannien als PartnerInnen gewinnen. Sie beschäftigt sich in ihrer Forschung mit der Arbeitsplatzsituation von Poc (People of Color) in der Textilindustrie. In Kapstadt arbeiten viele von ihnen vier Monate nach der Geburt von Kindern Vollzeit, als Alleinverdienerinnen und Familienerhalterinnen. Da ihre Bezahlung sehr gering ist, haben sie kaum finanzielle Mittel zum Beispiel für Muttermilchersatz. In ihrem Projekt stellt Jaga in dem Mittelpunkt, dass die Versorgung der Kinder mit Muttermilch (durch maschinelles Abpumpen während der Arbeit in dafür vorgesehenen Räumen) dazu beitragen kann, das Überleben von Babys zu sichern. Ihr Vortrag zeigte auch die Spannbreite der Konferenzthemen auf. Reflexionen zu Sex und Gender waren ebenso vertreten wie postkoloniale und intersektionale Theorieansätze.

Hinter verschlossenen Türen: Phillipinische Hausarbeiterinnen in Malta und Gozo

Bewegend waren Beiträge lokaler ForscherInnen von Malta und Gozo. Sie schilderten eindrucksvoll den nationalen räumlichen Hintergrund ihrer Forschung: Malta hat 1400 EinwohnerInnen pro Quadratkilometer Fläche, und damit die weit höchste Bevölkerungsdichte in Europa, gefolgt von Holland mit „nur“ 400 EinwohnerInnen pro Quadratkilometer. Auch auf Malta wird, wie in ganz Europas, Hausarbeit ausgelagert, wenn Erwerbstätige Elternteile Familienarbeit, Pflege und Haushalt nicht vereinbaren bzw. ohne Unterstützung nicht managen können oder wollen. In einem Beitrag wurde die Beschäftigung von philippinischen Hausarbeiterinnen in maltesischen Haushalten analysiert: „Behind closed doors: Living and working conditions of Filipino live-in careers in Malta“. Ein weiterer aufrüttelnder Beitrag widmete sich der Situation von Arbeitsmigrantinnen in Malaysia, welche ihre Arbeit unter enormen Anstrengungen und mit zahlreichen Verboten belegt nachgehen müssen, verbunden mit der Verpflichtung während des Arbeitsaufenthalts keine (sexuelle) Partnerschaft oder Heirat einzugehen, sowie die Rücksendekosten im Falle einer Schwangerschaft selbst zu tragen. Dies führt u.a. zu gesundheitsgefährdenden (iIlegal durchgeführten) Abbrüchen.

Publikation in Vorbereitung

Ein besonderes Highlight der Konferenz war für mich ein Symposium mit Margaret O’Brien, Ann Zofie Duvander und Alison Kowalski zum Thema „The strength and limitations of family policy“. 2019 wird das European Institute for Gender Equality, EIGE einen Bericht zu diesem Thema herausgeben. Ebenso wird EIGE ab 2019 jährlich einen Gender Equality Index veröffentlichen. Nach dem Symposium hatte ich Gelegenheit, die Herausgeberinnen eines bald erscheinenden Special Issue Bandes zu Parental Leave persönlich kennenzulernen. Für diesen Band arbeite ich mit Eva-Maria Schmidt an einem Manuskript, das die verschriftlichten Ergebnisse und unsere gemeinsamen Analysen zu Väterkarenzen in Österreich enthält. In unserem Beitrag stellen wir empirische Forschungsergebnisse zu „Constructions of parental responsibilities at parents’ workplaces and their relation to gender inequalities“ vor. Die positive Aufnahme und baldige Publikation im Special Issue Band ist ein erwünschtes Folgeergebnis des ertragreichen Konferenzbesuchs.

Old University Valletta (CC BY-SA, Continentaleurope)

Alte Universität in Valletta (Bild:Continentaleurope/CC BY-SA)